FINDEN SIE’s auch unerträglich? Dann kommen Sie, ich lade Sie ein, wir wechseln das Lokal. Ich kann hier nicht nachdenken, und ich muss nachdenken, wenn ich weiterreden soll. Soll ich weiterreden? Sie sagen nichts? Ich könnte verstehen, wenn Sie genug hätten, heben Sie die Hand oder so, das genügt. Ohnehin bin ich an einem schwierigen Punkt angelangt, es ist nicht einfach für mich, verstehen Sie, finden Sie immer den roten Faden? Ich nicht. ›Ziehen wir es durch‹, nicht wahr, das ist eine Metapher, eher mehr, ein Vermögen – nicht Ihres, nicht meines, doch irgendeiner wird sich daran schon gesund stoßen, das gewiss. Ich rede von keinem Nadelöhr, ganz sicher nicht, hier geht es um Dunkelstrecken, die Jahre in Anspruch nehmen, Lebensjahre, Lebensläufe, das geht so dahin, es zieht sich, aber man zieht es durch, es muss sein. Aus irgendeinem Grund muss es sein. Im Grunde braucht’s keinen Grund, die Sache ist Grund genug, die Sache ist der Grund. Diese Sache aber, worin besteht sie? Ich bitte Sie, sehen Sie sich um: Wo ist die Sache? Verschwunden, kscht, durch alle Türen hinaus. Ich verrate Ihnen ein Geheimnis: die Sache, das ist die Kehrseite ihrer Abwesenheit. Was aber ist die Kehrseite der Abwesenheit? Die Abwesenheit der Abwesenheit? Das sind alberne Sprüche. Es durchziehen, um einmal rauszukommen, irgendwann, irgendwo, das ist die Sache. Rüde, inhaltsleer und belanglos. Die Sache, das ist die Abwesenheit des Urlaubs, in dem man rauskommt aus dem durchgezogenen Dasein, dem auf Durchzug gestellten Dasein. Sie ist der Schatten, den der abwesende Urlaub, die abwesende Abwesenheit, auf die Dinge des Lebens wirft, sie glanzlos, ölig, schmierig, belanglos macht. Ziehen Sie Ihre Beziehung durch? Ich wünsche Ihnen Glück, in jeder Beziehung. Man kann auch die Sache mit den Kindern durchziehen, das hat keine Schwierigkeit, im Gegenteil, es erleichtert vieles, und man kann sagen, was man will, sie wachsen, sie wachsen heran, was wohl die Hauptsache sein wird, das Heranwachsen. Einmal ist man auch damit durch, das Alter ist ein langer Urlaub vom durchgezogenen Leben, einmal im Jahr nimmt man sich Vorschuss, vielleicht auch zweimal, Lehrer haben Ferien, da muss es zweimal sein, unbedingt zweimal. Hassen Sie Ferien? Nein? Schade, Sie sollten Grund dazu haben. Die ganze Durchzieherei hätte mit einem Schlag ein Ende, gäbe es nicht die Ferien, das Wunder der Freilassung, durchgepaukt ohne Erbarmen. Sicher, die Finanzen erlauben nicht alles, auch hier waltet Kalkül, aber das Ziel, der Inhalt, das Sich-Freimachen, das Loslassen, das Weg-von-allem, steht jenseits allen Kalküls, es ist das Anti-Kalkül, die realisierte Abwesenheit. Wo bitte, fragen Sie mich, gibt’s das? Fragen Sie mich nicht, ich bin kein Kulturkritiker, ich konstatiere die Maschinerie der Entwertung, und ich finde sie auf beiden Seiten tätig, im Durchziehen wie im Loslassen, vielleicht gibt es Menschen, die damit umgehen können, von denen rede ich nicht. Ich rede davon, ob es möglich ist, dass ein Kind ins Leben hinein gezwängt wird, weil ein Erwachsener, ein Selbst, wenn es so etwas gibt, diese Sache durchziehen will, einmal im Leben, so wie man die im Keller versteckte Schnapsbrennerei des Großvaters einmal im Winter anwirft, weil sie sonst doch nur nutzlos herumsteht, wozu hat man die Ausrüstung sonst? Natürlich ist das möglich, vielleicht ist es üblich, in diesem Fall geschieht es. |
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