Novelle. The Hidden Power of Nonchalance
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Wenn das eine Prüfung war, so hat er sie nicht bestanden. Solange sie dauerte, wusste er nicht, dass es eine Prüfung war, jetzt, nachdem die Situation vorbei ist, begreift er, dass er versagt hat. Allerdings scheint sein Versagen sich schon von langer Hand in ihm vorbereitet zu haben, er scheint es bereits in die Prüfung mitgebracht zu haben, so dass ihr Ausgang im Grunde nicht weiter verwunderlich ist. Eigentlich, so scheint es ihm, hätte er aus früheren Anlässen wissen müssen, dass er schon länger auf dem Prüfstand steht, sehr viel länger bereits, der Anfang verliert sich in der Frühzeit ihrer Beziehung, in einer Zeit der Ahnungslosigkeit, jedenfalls so weit es ihn betrifft. Es muss wohl eine parallel zu seiner verlaufende Zeit gewesen sein, in der unendlich verletzende Dinge geschehen sind, an die er sich nicht erinnern kann, aber die Erinnerung, das weiß er wohl, ist ein trügerischer Weg in die Vergangenheit, und dass der Mann in seiner naturgegebenen Rohheit sich an nichts erinnern kann, welche Frau wüsste das nicht und litte nicht darunter. Hat er nicht soeben einen erneuten Beweis dieser Rohheit geliefert, als er nicht begriff, dass es nicht die Zeit ist, Fragen zu stellen, sondern sich in Anteilnahme zu üben? Er hätte es wissen können, er hätte es wissen müssen, aber das Andere, diese ihm selbst so dunkle Wahrnehmung eines unausgesprochenen Vorwurfs, hat ihn daran gehindert, denn er hat nicht verstanden – und er versteht noch immer nicht –, worin seine Verantwortung in diesem Fall wohl bestünde. Er kennt den Übeltäter seit mehr als einem Jahrzehnt, er hat ihn als weichen, zurückhaltenden, höflichen Menschen kennengelernt, der nichts dabei findet, hinter seinen Mitmenschen zurückzustehen, keinesfalls geistreich, keineswegs unsympathisch, mit eher schlichten Unterhaltungsbedürfnissen und einem Basteltrieb, dem der Spagat zwischen Einkommen und Verschuldung ein weites Betätigungsfeld verleiht. Er wüsste nicht, was ihn mit diesem Menschen aus einer anderen Welt verbände außer der über die Frauenclique und die mit ihr verbundenen Rituale der Langeweile vermittelten Zufallsbekanntschaft. Entsprechend naiv klingen seine Fragen: Welchen Grund hat der Mann? Welches Spiel treibt die Frau? Was geht in einer Beziehung vor, die solche Handlungen provoziert? Er muss zugeben, dass er von der Angelegenheit nichts versteht, und auf dem Grunde seines Herzens empfindet er für die beiden keinerlei Sympathie.