Novelle. The Hidden Power of Nonchalance
nächste Seite

Der Mann dieser Frau muss ›es‹ also ›bringen‹, da trifft es sich gut, dass er kommt, nicht nach Hause, denn es ist ihr Zuhause, er selbst besitzt – irgendwo – eine Behausung, die nicht in Betracht kommt, an einem Un-Ort, in einem Un-Land, die man den Blicken der Kinder am besten entzieht, vielleicht verschöbe sich sonst die Erdachse. Man muss alle Eventualitäten im Auge behalten, sonst begehen sie irgendwann eine große, nicht revidierbare Dummheit, das muss verhindert werden. Es ist ihr Zuhause und selbstredend das der Kinder, das allein macht den Mann zum Fahrenden, einem, der niemals ankommt, den eine leise Panik einmal in die eine, dann in die andere Richtung treibt. Da die Strecke lang ist, versieht er sich in die Strecke, sie wird sein Zuhause. Was nicht das Schlechteste ist. An dem Familienort, dem er rollend und dösend, gelegentlich angespannt arbeitend, über Gebirge und Ströme entgegeneilt, ist sein Kommen zwar eingeplant, aber nicht vorgesehen – eine seltsam zwittrige Atmosphäre umgibt sein Kommen und Gehen, er fühlt sich als Gast behandelt, aber ohne dessen Anrecht auf Höflichkeit, Empfang und Abschied fallen unter das Zeremoniell des leeren Hauses, dazwischen findet man Verwendung für ihn oder man ignoriert ihn, wechselweise das eine sowie das andere. Er kommt und geht, aber in der Hauptsache kommt er, er ist der, den sie kommen lässt, weil sie Termine hat, Termine sich überschneiden, weil sie findet, sie sei überlastet oder weil sie findet, er kümmere sich zu wenig um die Familie. »Die Kinder wissen doch gar nicht mehr, wie der aussieht«, steckt sie lächelnd irgendwelchen Bekannten, die das gut verstehen, die Kinder kennen es nicht anders. »Du bist ja nie da« schallt es ihm entgegen, wenn er einmal etwas moniert oder verlangt oder erinnert, soll heißen: ›Streng dich nicht an, das macht auf uns keinen Eindruck‹. Es macht keinen Eindruck, dass er zwischen zwei Mühlsteinen rotiert, mitgerissen einmal von der einen, dann wieder von der anderen Seite, es macht keinen Eindruck, wer er ist und was er macht, das schon gar nicht. Es ist nicht bloß uninteressant, sondern unpassend, unziemlich, wenn es sich einmal ins Bild drängt, denn er – der es aufgegeben hat, die Dinge in seinem Sinn zurecht rücken zu wollen –, er kennt nur sich selbst und seine verrückten Ideen, er weiß nicht, wie es um die Kinder steht und wie es in ihnen aussieht, sie kann sich auf ihn nicht verlassen und muss deshalb anderweitig Sorge tragen, er bringt die Dinge durcheinander, stellt sie auf den Kopf, er bringt Chaos ins wohlgeordnete Dasein, man kann nicht mit ihm reden, man muss alles selbst organisieren, man hat alles bereits organisiert, er müsste nur unterschreiben, aber man hat auch das bereits an seiner Stelle getan, Amtshengste und Schulleiterinnen haben, wie er hört, gut verstanden und akzeptieren ohne nachzufragen.