Die Gastgeberin trägt den Nachtisch herein, sie macht das nicht ohne Geschick, plötzlich ist TV im Gespräch, die Sendungen, aus denen all das unerbittliche ›Ah‹ und ›Oh‹ herüberschlägt, sind sicher längst Fernsehgeschichte, die Kommentare ließen sich wohl nur mit aufgeblättertem Lehrplan verifizieren. Das Geflecht der Anspielungen ist dicht und unter den Männern mimt der einzige Lehrer den Triumphator, ohne Erfolg übrigens, denn sein Auftritt wirkt peinlich. Er ist in diesen Beruf hineingegangen, als das noch ein Männerberuf war, mit ihm kamen die Frauen, er ist ihre Generation: am heutigen Abend will er sie hoch leben lassen, aber sie lassen ihn nicht, sie reden ihn nieder, wie sie ihn in all den Jahren niedergeredet haben, weil er so unvorsichtig war, ihre Ideologie zu teilen und ihnen dabei zu nahe zu kommen, ein Mann, der sich unter Frauen wohl fühlt, man sieht es, man spürt es, eine Bizarrerie der Natur, ein armer Hund. Wäre er Deutschlehrer, so interpretierte er mittlerweile jahraus jahrein den Woyzeck, ohne wegen dieser Vorliebe sonderlich ins Grübeln zu kommen. Er ist aber Mathematiker, die grübeln gern, wenngleich über andere Dinge. Die Wege der Frau im Mann wimmeln von den unterschiedlichsten Mustern, eines davon ist die Spur des Absatzes, der seine heimliche Leidenschaft zertritt: noch immer sieht der Mann die Absätze der Anwältin steigen, die ihn seinerzeit um ein Haar hereingelegt hätte, und mit ihnen das aufkommende Rot der Sohlen, sichtbar nur für den, von dem sie sich gerade entfernt. Eine Frau, die Blut geleckt hat. Gleichheit, erfuhr er von ihr, ist kein Ziel, es geht um die Macht. Tja, entfährt es den Damen an diesem Tisch, tja, da hat einer nicht aufgepasst, tja, das ist dann ganz allein seine Sache, tja, ein inflationäres Schnipsen, ein aus der Retorte gewonnenes Gender-Merkmal, so muss man es wohl nennen, ob primär oder sekundär, steht dahin. Tja. Sollte er damals zur Liebe gepresst werden? Gut möglich. Wenn er heute die Striemen im Gesicht fühlt, dann wegen dieser verpassten Gelegenheit. Fragt sich, wer sie verpasst hat. Grau ist sein Gegenspieler in diesen wenigen Wochen geworden, geradezu fahl, fällt kaum noch auf, vielleicht doch die Prostata, vielleicht war das vorhin ehrliche Neugier, aber worauf? Die Menschen sind rätselhaft, sie erwarten Aufschluss von dem, den sie aus ihrer Mitte gedrängt, den sie über den Rand ins Dunkel geschubst haben, man kann nicht sagen, dass sie bösartig sind, aber sie sind böse, es liegt ihnen. Männer wie der hier, Trittbrettfahrer einer Gesinnung, die ihre Frauen in Kanaillen verwandelt, gutmütige Trottel und ahnungslose Liebhaber, sammeln keine Leichen im Keller, sondern phantasievoll etikettierte Weinflaschen, deren längst zu Essig gewordener Inhalt von ihren Kindern in nicht allzu ferner Zukunft in den Ausguss entleert wird. Sie sind Wachs in den Händen irgendeiner herrschsüchtigen Tussi, während sie sich an den körperlichen Produkten von zweitausend Jahre Unterdrückung ›schadlos‹ halten, wie sie es nennen, wofür jene Entgelt fordern, aber nicht zu knapp. Was die Gesellschaft vorenthält, das zieht man am besten gegen die durch, die einem am nächsten stehen, es gibt kein falsches Leben im richtigen. |
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