Er betrachtet die Frau, mit der er seit einem Jahrzehnt zusammenlebt. Sie sitzt nicht mehr der Freundin gegenüber, die nicht mehr den Hals verdreht, sondern munter und aufgereckt mit ihren Nachbarinnen zur Linken und Rechten plaudert, sie hat sich in der Küche zu schaffen gemacht und trägt eine weitere, die vermutlich letzte Köstlichkeit in den Raum, langsam wird es Zeit für einen Espresso. Die Frau des verschwundenen Ingenieurs hält zwischen Novizinnen Hof, jungen Kolleginnen mit lebhaften Gesichtern, eine Blondine befingert ihr asymmetrisch geschnittenes Schwänzchen, neugierig sind sie gekommen, aber sie werden nicht bleiben, sie sehen sich um, ziehen weiter. Die Freundinnen merken es nicht, wollen es nicht merken, und wenn sie es merken, dann ist es ihnen egal. Sie sind, die sie sind, sie sind geworden, mehr lässt sich beim besten Willen nicht sagen. Unwillkürlich bekleidet sie das Gedächtnis mit dem Aufputz vergangener Zeiten, es schmerzt, sie nackt zu sehen. Dabei wollen sie gesehen werden, genau das. Die Freudlosigkeit, die sie verbreiten, strahlt in ihnen wider, ein milder Schein, sie fühlen sich keineswegs unwohl in ihrer Haut, sie ist ihnen vertraut, sie bewegen sich sicher und aufrecht in ihr. Sie haben sich selbst erbaut. Ich-Schwäche, denkt der Mann, zum von der Werbegesellschaft erwünschten Ego aufgeplusterte Ich-Schwäche, die sich bückt, wenn sie einem ins Gesicht sehen müsste, um einen liegen gebliebenen Krümel aufzuheben, kaum begütigt man sie, sind sie obenauf. Die billige Überlegenheit über die Mütter, die in ihre Sprechstunden strömen, hat sie korrumpiert, korrumpiert hat sie das sichere Geld, das auf ihre Konten strömt, denn es ist ihnen wichtig, es macht sie unabhängig vom Urteil derer, die nicht zu ihrer Kaste gehören, korrumpiert hat sie der Stolz auf ihr Anderssein, denn es ist kein Stolz, sondern bewusstlose Anmaßung. Übrig bleiben die Männer in ihrem Gesichtskreis, vor deren Einkommen ihr Beamtengehalt zum Klamottengeld schrumpft, auf ihnen rutschen und reiten sie wie die Kinder auf diesen großen Balken, die dann in die Höhe gehen, wenn ein Erwachsener sich auf das andere Ende setzt. Man sieht es den Augen und Mündern an, vor allem den Mündern, der verschobenen Schmallippe und dem Breitmaul, was sie noch passiert, schmeckt nach Katheder oder es schlüpft so durch. |
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